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Haie !

Tauchen im Indischen Ozean vor der Küste Südafrikas, Oktober 2014 - Ein Tagebuch



Es wurde einfach Zeit, nach jahrelangem entspannten Urlaubstauchen, die Schrauben etwas enger zu drehen.

Bislang war unsere kleine Schar, immer zwischen 5 und 9 Männern, zwar weltweit in internationalen Gewässern unterwegs, was uns jedoch nur sehr selten gelang: mal auf einen richtigen Hai zu treffen. Unsere Wahl fiel auf eine kleine familiäre Tauchbasis nahe Durban, direkt am indischen Ozean. Die Anreise erfolgte von Hamburg über Dubai. Irgendwann am Abend wurden wir am Flughafen Durban abgeholt. Bis wir ca. 1 Stunde später in unserer Basis ankamen, war es stockdunkel. Beim Aussteigen und Entladen begüßten uns die beiden riesigen Hunde des Anwesens neutral und verschwanden wieder in die Dunkelheit. Sehr einfach eingerichtete Zimmer wurden uns zugewiesen und eine kurze aber intensive Sicherheitsbelehrung durchgeführt. Trotz Wachposten im Garten immer die Balkontür doppelt verschlossen halten -  ehrlich ?


Montag, 7:00 Frühstück.  

Gut ausgeschlafen nach der etwas anstrengenden Anreise, finden wir uns pünktlich im Aufenthaltsraum ein. Kaum gelingt es uns die Enttäuschung zu verbergen: Das Frühstück ist nun doch etwas karg geraten. Ich bin zwar glücklich, daß es zumindest Fruchtjoghurt gibt, allerdings stehen außerdem nur Cornflakes, Toast, Margarine, Marmelade, eine scheinbar abgezählte  Menge Käsescheiben und Kaffee zur Verfügung.

Kein Rührei, Wurst, Aufschnitt etc. - sind wir etwa verwöhnt ?

Ohne stressende Eile geht danach gradlinig in den Tauchbasisbereich, wo wir erste Instruktionen erhalten und uns ins Neopren werfen.

Dass es überhaupt zum Tauchen geht, ist, so wie es sich anhört, eine knappe Entscheidung. In der Vorwoche hatten sich die Käptns der Tauchbasen abgestimmt, wegen der zu hohen Wellen nicht hinauszufahren. Unsere Mitbewohner und Mittaucher in der Logde, Falk und Trini aus Düsseldorf, mußten deshalb ihren 14-tägigen Südafrikaurlaub umstrukturieren und kamen nun gerade von einer einwöchigen Safari zurück, die ursprünglich für die zweite Urlaubshälfte geplant war. Diese Möglichkeit auszuweichen, hätten wir nicht gehabt. Die ganze Woche extremer Sturm und kein Tauchen? Das wäre die ultimative Katastrophe ! Dass Sturm und Wellen an der Küste eines Ozeans ein Hinausfahren unmöglich machen können, hatten wir bereits vor 2 Jahren auf den Kapverden erlebt.  Die besten Tauchspots auf der Windseite der Insel waren nicht betauchbar, da sich bereits mehrere Kilometer vor der Küste meterhohe Wellen brachen und auf ihrem minutenlangen Weg einen weiß-schäumenden Hexenkessel hinterließen.

Die Frage, wann es losgeht, wird von Thor, unserem jungen Guide, der dem Hauptdarsteller des gleichnamigen Filmes von uns allen mit Abstand am ähnlichsten sieht - kein Gramm Fett auf der trainierten Muskelmasse - mit einem entspannt-lakonischen „Wenn ihr fertig seid“ beantwortet.

Dann geht es los. Auf einem Pick-up setzen wir uns auf die Bänke der Ladefläche, am Haken hängt das Zodiak, bereits mit all unserem Equipment beladen.

Nach einigen Minuten erreichen wir den Strand „Aliwals Shoal“, wo das Boot ins Wasser soll.

Das Briefing in einem zunächst exzellent klingenden, allerdings dann doch schwer verständlichen Englisch, dauert nur wenige Minuten. Es behandelt allerdings den wichtigsten Teil des Tauchtages: das Wassern des mit zwei 85 PS angetriebenen Schlauchbootes. Der Lärm der brechenden Wellen macht es noch etwas schwerer, den Inhalt der Ausführungen zu entschlüsseln. Zum Glück werden wir Zeugen der Arbeit eines anderen Teams, dem wir gern zur Hand gehen. Der große Anteil junger Mädel in dieser Truppe hat damit natürlich wenig zu tun.

Das Schlauchboot wird mit dem Pick-up rückwärts zügig, soweit als möglich, an, bzw. ins Wasser gefahren, dorthin, wo die höheren und deshalb weiter auflaufenden Wellen es kurzzeitig zum schwimmen bringen. Dort wird es mittels Vollbremsung abgeworfen und sogleich von uns festgehalten. Der Wagen bringt sich in Sicherheit. Das Boot liegt noch genaugenommen im feuchten Sand. Irgendwann wird es vom letzten Zipfel einer vormals großen Welle hoch genug gehoben, so daß unser Schieben Erfolg hat und wir das Boot mehrere Meter Richtung See bewegen können. Sobald es frei schwimmt, wird die Nase in den Wind gedreht, der Käptn klettert ins Schiff und läßt den Motor an. Dann entert der Rest das Boot. Schwimmwesten werden ausgeteilt und eilig angelegt.

Der gefährliche Teil beginnt jetzt.

Brechende Wellen sind nie gleich hoch. Sie folgen einem bestimmten Muster, welches regional unterschiedlich sein kann. Wenn die Gefahr besteht, daß sie gelegentlich eine Höhe erreichen, die ein geplantes Vorhaben gefährden könnten, z.B. so ein Boot frontal umkippen zu können, ist man darauf angewiesen, die kritischen Manöver in den Momenten ruhigerer See durchzuführen und diese Momente durch genaue Beobachtung und Erfahrung zu bestimmen.

Wir erleben am Beispiel des Mädchenbootes, was dies bedeutet. Deren Skipper verharrt mehrere Minuten in einer toten Zone der brechenden Wellen. Dreht mehrmals eine 360Grad-Runde auf dem Fleck, gibt schließlich unvermittelt Vollgas und manövriert sich hektisch im Zickzack, z.T. mit fast 45 Grad-Neigung durch die Brecher.

Damit sind wir für unserer Einsetzen ja bestens vorbereitet.

Natürlich fühlt es sich ein wenig intensiver an, wenn man es selbst erlebt.

Allerdings scheinen inzwischen der Wind stärker und die Wellen deutlich höher zu sein ...

Cameron, unser Käptn, fährt mit unserem Troß deshalb einige hundert Meter weiter, wo die Wellen zwar nicht kleiner, allerdings weit und breit nur Sand zu sehen ist. Nachdem wir gezeigt haben, was wir gerade gelernt haben, scheint sich unsere Wartephase noch länger hinzuziehen, als bei der Gruppe, der wir behilflich waren. Mehrmals erscheint es uns so, als ob er gerade einen idealen Zeitpunkt verpasst hätte. Als es dann mit Vollgas losgeht, erkennen wir, daß das Problem extremer Brecher nicht nur auf die ersten hundert, sondern mindestens auf  300m ausgedehnt ist. Soweit hatte keiner von uns geschaut. Überhaupt scheint sich der Rhythmus von hohen und niedrigen Wellen in kein, zumindest von uns so schnell berechenbares Muster zu fügen. Nachdem Cameron uns ein Stück vom Strand weggebracht hat, etwa 500m, ist es Zeit, sich von uns feiern zu lassen. Der ehrliche Applaus entspricht dem einer Ladung Touristen nach einer Flugzeuglandung nach stundenlangem Gewitterflug in starkem Sturm.

Die Schwimmwesten, die wohl für den Katastrophenfall einer das Boot umwerfenden Welle gedacht sind, werden schnell wieder abgelegt und wieder eingesammelt. Die Füße in die am Bootsboden befestigten Schlaufen gesteckt, eine Hand zwischen den Beinen am innen laufenden Halteseil und wir gehen zur eigentlichen Tagesordnung über: Vollgas !

Die Wellen werden keinesfalls kleiner, allerdings brechen soweit draussen nur noch deren Spitzen, so daß kleine Schaumkämme um uns herum zu sehen sind, wir allerdings keine Angst mehr haben brauchten mit dem Boot, wie in einer Waschmaschine gedreht zu werden.

Permanent den Gashebel feinfühlig und reaktionsschnell, wie ein Speedwayfahrer, modulierend unter Kontrolle, lenkt uns Camy nun ruckelnd aber geschickt zwischen den Wellenspitzen hindurch.

Zwischen Vollgas und stark abbremsend wirkender, „langsamer Fahrt“ wechselnd, legen wir mehrere Kilometer zurück, um innerhalb dieses 7 x 18 Seemeilen großen Hai-Schutzgebietes unser Ziel zu erreichen: Einen Punkt im weiten Meer an dem der Käptn sagt: hier. Weit entfernt sehen wir einzelne Wale ausblasen.

Mit dem letzten Aufheulen des Motors fügt sich unser Boot unerwartet unterwürfig in die Physik der Wellen und läßt sich schwankend mehrere Meter auf und ab tragen. In den tiefsten Wellentälern ist vom Festland nichts mehr zu sehen, auf besonderen Wellenspitzen hat man das Gefühl auf einem Hügel zu stehen, der einen breiten Überblick ermöglicht. Alles jedoch nur für einen winzigen Augenblick.

Das Briefing zum ersten Tauchgang ist unverhältnismäßig kurz und durch die Slang Thors ziemlich unverständlich. Dann kommt Cameron an der Reihe, der mit einem feinen Lächeln den Ablauf des  „Jump“ erläutert. Wortlos wird nun die Ausrüstung angelegt, von Cameron und Thor begleitet und unauffällig überprüft. Nachdem nun noch das Boot kurz in Position gebracht wird, die ruhig vorgetragene Frage, ob alle fertig wären ? Okay ? Three, two, one, go ! Und alle kippen sich gleichzeitig über die Bordwand nach Rechts und Links in das bewegte Wasser.

Thor hat die Boje, um die wir uns kurz sammeln sollen, bei sich, an einer Leinenrolle, und er wird sie die ganze Zeit über an der Oberfläche mit sich ziehen.

Das alles wird nicht lange zelebriert. Sobald alle wieder ohne Problemmeldungen an der Oberfläche aufgetaucht sind, gibt Thor das Zeichen zum Abtauchen und sackt selbst, wie ein Stein, auf den Grund.

Als wir uns bei ihm einfinden, geht es sofort in moderatem Tempo über dem Grund vorwärts. Die Dünung bewirkt auch am Grund erhebliche Seitwärtsbewegungen.

Der Grund ist wenig spektakulär. Kaum Korallen, keine feinen, komplizierten Strukturen, die in der Bewegung des Wassers zerstört werden könnten. Dafür flächige Weichkorallen, langstielige Anemonen, die sich mit dem Wasser hin- und her bewegen (haben wir die so langstieliges überhaupt schon mal gesehen ?).

Genaugenommen ist nichts los und Thor scheint ziemlich erleichtert zu sein, als er uns endlich in einer waagerechten Spalte am Grund einen schlafenden Sandtigerhai zeigen kann. Der scheint mindestens 3m lang zu sein, und das macht uns jedenfalls schon einmal glücklich. Sobald wir an der Oberfläche ankommen, steuert Camy uns an und wir beginnen, uns mühsam an den Aussenleinen in der heftigen Dünung festhaltend zuerst das Jacket-Flasche-Paket und das Blei abzulegen. Dann kämpfen wir uns mit mehr oder weniger Hilfe über die Bordwand ins Boot. Die Flossen werden zuletzt abgelegt.

Das sich auf einer Wellenamplitude von gefühlt +3 bis -3m stark bewegende Boot, fordert in mehrerer Hinsicht seinen Tribut.

Ausser Atem nehmen wir wieder unsere Plätze ein und versuchen uns zu entspannen, bzw. wenigstens so auszusehen. Wir sind damit abgelenkt uns festzuhalten und bereits das Material für den nächsten Tauchgang vorzubereiten. Es werden ja neue, volle Pressluftflaschen gebraucht. Das ist bei soviel Bewegung nicht einfach. Der eine oder andere ist aber auch damit beschäftigt seinen Magen daran zu hindern, das kärgliche Frühstück ans Tageslicht zu bringen, was allerdings im Laufe dieses Tages drei Mitreisenden überhaupt nicht gelingt. Für sie wird die Zeit über Wasser besonders zur Qual. Der stramme Wind sorgt seinerseits dafür, daß trotz aller Bemühungen sich unterhalb der Wölbung der Lufttanks zu entleeren, die Zuschauer mitten drin sind und ein wenig mitleiden dürfen. Nun macht es auch Sinn, warum morgens nicht Rührei und Aufschnitt präsentiert wurden. Zum einen wäre es einfach schade drum, zum anderen will man wohl, wie wir noch naiv und witzelnd vermuten, mit Fleischresten die Haie nicht unnötig anlocken. G. wird am nächsten Morgen mit einer geplatzten Ader im linken Auge erscheinen und sein gruselig verfärbtes Auge bis zum letzten Tag mit Würde tragen müssen.

Trotzdem greifen wir zu, als Cameron uns süßen, heissen Kakao und steinharte „Gingercakes“ anbietet.

Es wird nur noch wenig gesprochen und wir alle warten schließlich nur auf das erneute Kommando uns auf den nächsten und letzten Tauchgang des Tages vorzubereiten.

Der zweite Tauchgang führt uns in ca. 25m Tiefe, wo wir nach nur kurzen Suchen am Rande eines Kessels Platz finden, wo wir uns Schulter an Schulter hinter eine Felskante legen und eine Gruppe von Sandtigerhaien (ca. 15 Stück, zwischen 2 und 3m lang) beobachten, die sich dort entspannt, wie in einem Meeresaquarium ihre Kreise ziehen. Ihre respektable Bezahnung scheint geradezu aus dem Maul zu quellen, und begeistert saugen wir andächtig den Anblick der zum Teil nur einen knappen Meter an uns vorbeiziehenden Tieren in uns ein. Gelegentlich löst sich ein etwas größeres Tier aus der Gruppe, schwimmt über uns hinweg um sich nach einer Runde um den Felsblock der hinter uns liegt, wieder einzufügen.

Wir liegen dort und genießen diesen heiligen Moment so lange, bis Thor uns ein unmißverständliches Zeichen gibt, nun den Rückzug anzutreten.

Im Nachhinein stellen wir fest, daß keiner von uns auch nur ein einziges Mal seinen Tauchcomputer genauer angeschaut hat, wie es unsere Pflicht gewesen wäre. Jeder ging wohl davon aus, daß einer der anderen als erster abbrechen würde. Bis zu 15 Minuten Dekostop auf 3m (plus 3min Sicherheitsstop) waren die Folge. Eine lange Zeit, um sie freischwebend im Wasser zu verbringen; sicher besser zu nutzen. Erst recht für Thor, der leicht genervt scheint, es aber zu verbergen versucht. Als wir, schwer atmend, wieder im Boot sitzen, sind wir trotzdem ziemlich zufrieden mit uns.

Abends stellen wir fest, daß wir heute nicht ein einziges Foto dort draussen geschossen haben, keiner hat gewagt in dem Chaos von Wellen und ungewohnten Aufgaben seinen Fotoapparat herauszuholen, so waren wir mit dem „Überleben“ beschäftigt.

Ein Kommentar, der nach erfolgreicher Rückkehr kommt, trifft die Stimmung auf den Punkt:

„Ein Glück, daß wir dass dieses Jahr gemacht haben – nächstes Jahr wären wir dafür schon zu alt gewesen.“


2.Tag, Dienstag

Zum Glück erinnern wir uns am Morgen, wenn auch etwas verspätet, daran, daß R. heute Geburtstag hat. Falk und Trini fallen in die Glückwünsche ein. Am Strand scheinen die Wellen etwas kleiner zu sein als am Vortrag. Trotzdem umfährt Cameron immer noch mit gehörigem Respekt die brandenden Wellenkämme. Wir sind etwas entspannter, da wir nun wissen, was auf uns zukommt. Der erste Tauchgang bringt uns ein Zusammentreffen mit einem ca 2,5m langen Sandtigerhai und den „Überflug“ eines gigantischen Mantas.

- Meinem ersten, nach 18 Jahren mit einer jährlichen Tauchwoche in internationalen Gewässern. Weit vor uns sehen wir mehrere Sekunden lang die Schatten einer Schule von etwa 10 großen Teufelsrochen, durchaus respektabler Tiere. Jetzt klicken auch die Fotoapparate. Die Routine beginnt einzuziehen, da ist dafür endlich Platz.

Das „Mittag“ aus süßem Kakao und Ginger-Keksen zwischen beiden Tauchgängen soll das letzte dieser Art sein, nehme ich mir vor. Mein Magen ist mit dem süßen Zeug nicht sonderlich glücklich. So schlimm, wie Trini und G., geht es mir zum Glück bei weitem nicht. Vor allem Trini  findet kaum ein Ende damit, mit ihrem Mageninhalt die Fische zu füttern und quält sich mitleiderregend. Die Wellen sind tatsächlich nur wenig kleiner als am Vortag.

R. ist diesmal aber bestens drauf und referiert, aus seinem profunden praktisch-pharmazeutischen Wissen schöpfend, über die besten Antikotzmittel.

Dann versinken alle in andächtiges Schweigen, das zur Verarbeitung der neuen Erlebnisse irgendwie hilfreich ist. Auf ein freundliches Zunicken unseres Käptns hin, wechseln wir die Pressluftflaschen und bereiten die Ausrüstung vor. Camy dreht das Boot und nimmt zügig Fahrt auf zu nächsten Spot

Er hält an, und dann gibt er gewohnt leise das Kommando zum Anlegen der Ausrüstung und hilft uns, die Gerätschaften im schwankenden Boot anzulegen. Als wir zum zweiten Mal an diesem Tag abtauchen, geht es zuerst einige Minuten am Grund entlang, um schließlich in ca. 3-6m Tiefe im Freiwasser zu verharren, dem eigentlichen Ziel des heutigen Tauchganges. Staunend sehen wir eine Gruppe 1,5-2,5m langer Schwarzspitzenhaie, die aufgeregt die Fischreste zu erhaschen versuchen, mit denen Camy sie oben vom Boot angelockt hat. Mittendrin wir. Die Haie sehen gefährlich aus und scheuen sich nicht zwischen uns hindurch zu schwimmen. Frontal ankommend weichen sie oftmals erst kurz vor einem Kontakt aus.

Adrenalin pur ! Fotoapparate, werden weit gestreckt vor dem Körper gehalten, um sie zumindest etwas auf Distanz zu halten. Wir drehen uns wie Kreisel um unsere Körperachsen, um rechtzeitig zu erkennen, wenn ein Hai uns von hinten anschwimmt. Dabei auch die Höhe konstant zu halten, ist schwierig. Es ist genaugenommen ein ziemlich unübersichtliches Chaos. Da die Sicht nicht sonderlich gut ist, etwa bei 8 - 12m und uns entsprechende Sinnesorgane völlig fehlen, hätten wir auch keine Chance diese schnellen Schwimmer in unserem kleinen Gesichtsbereich im Auge zu halten, ob diese uns nun etwas Übles wollen oder nicht.

Als wir schließlich wieder ins Boot klettern, fühlen wir uns ein wenig taumelig von diesem Erlebnis.


Das Anlanden wird zum ersten Mal gefilmt. Wir hören das Kreischen der Mädchenbootruppe hunderte Meter weit, als ihr Boot mit Vollgas auf den Strand gefahren wird und dort schließlich auf die Seite kippt. Wir schlagen uns, zurück in der Basis, erst einmal die Bäuche voll mit den hausgemachten Burgern und Pommes.

Es wird Zeit R. seine Geschenke zukommen zu lassen. G. hat ihm, sehr passend, eine wissenschaftliche Abhandlung über Arschlöcher besorgt und ich überreiche im Name der Resttruppe ein Buch, das ich schon mehrere Wochen für diesen Moment lang aufbewahrt habe: vom  „Herrn der Fliegen“ - Marc Benecke „Warum Tätowierte mehr Sex haben und andere Erkenntnisse“ mit der Widmung „ Für R.“ vom Meister selbst, besorgt anläßlich einer seiner Veranstaltungen. Große Freude. Na, da konnte auch nichts schief gehen. Wir sind eben unter Männern.

Der nächste Teil des Nachmittages gehört wieder dem wohlverdienten Mittagsschlaf.

Allerdings haben wir uns mit einem rundherum viereckig aussehenden Typen aus der Guide-Truppe verabredet. Er fährt uns mit dem Van zu einer Shopping-Mall. Angesagt ist, daß man sich dort etwa eine Stunde lang beschäftigen kann. Tatsächlich ist dies offensichtlich ein solider Erfahrungswert, denn wir stehen ohne Probleme nach einer Stunde, wie verabredet am Auto, ein halbes Kilo Trockenfleisch („Biltong“), Butter, Salami und einen Klotz Käse im Gepäck. Vor allem jedoch mehrere Packungen der Anti-Übelkeitsmittels Stugeron . Das Frühstück braucht nun nicht mehr knapp bemessen zu sein.


3.Tag, Mittwoch.

Inzwischen sind wir routiniert. Fast mit ein wenig Bedauern stellen wir fest, daß es zwar bedeckt, jedoch warm ist und erstaunlicherweise die Wellen wesentlich kleiner sind als an den Vortagen.

Beim Wassern des Bootes wird nur noch wenig gesprochen. Jeder weiss, was er zu tun hat und worauf es ankommt. Es sind inzwischen Hände und Hirn frei um fleissig die Fotoapparate zu bedienen.

Cameron hält sich trotzdem an das Prozedere mit dem vorübergehenden Anlegen der Schwimmwesten und steuert die Wellen aus.

Zunächst steuern wir den schon einmal besuchten Haikessel an. Der Name dieses Spots ist „Kathedral“ erfahre ich erst am Nachmittag. Um nicht wieder ewig lange in der Deko zu frieren, klemme ich mich unter die Oberkante des großen Rundbogens aus solider Koralle, etwa 3-4m oberhalb der Stelle am Grund, an der wir am ersten Tag so lange herumlagen. So ist der Druck geringer und mein Blut nimmt weniger Stickstoff auf, eine Taktik, die sich auszahlen soll. Der einzige Cleverle bin ich damit allerdings auch nicht. Um diese Zeit sehen wir jedoch nur wenige Haie und es kommt schon etwas Trübsal auf, als mich der Bursche, der schon beim letzten Mal seine Extra-Runden gemacht hat, mich direkt ansteuert und so flach unter mir durchschwimmen will, daß wir uns zwangsläufig berühren müssen. Nach Oben ausweichen geht nicht (Felsen). Zurückweichen könnte mich als geeignetes Opfer outen. Außerdem ist es dafür inzwischen sowieso schon zu spät und so berühre ich und schiebe ihn notgedrungen mit der flachen Hand auf dem Rücken zwischen Kopf und Rückenflosse unter mich. Erschreckt zuckt er, ändert blitzschnell seinen Kurs und verschwindet aus meinem Blick. Erst jetzt jagt mein Adrenalin durch die Adern und ich habe Mühe mich zu beruhigen. Auf dem Rückweg sehen wir noch eine extrem große Meeresschildkröte, eine riesige Netzmuräne und einen gigantischen Schwarzpunktstechrochen, den wir fassungslos anstaunen - alles Superlative !

Dann tauchen wir ohne Dekostopps auf.

Hammer ! Einen Hai angefasst, wenn auch aus der Not  heraus. Richtig angefasst. Wahnsinn !


Zum „Mittag“ zwischen den Tauchgängen hole ich die Trockenfleischschnipsel heraus. Ein paar Schlucke Wasser dazu und ich bin so zufrieden, wie es mein Magen mir nur sagen kann. Es ist der Tag des Friedens. Dank geringer Wellenbewegung und  pharmazeutischer Nachhilfe ist Niemandem schlecht. Selbst Trini, die auf den letzten beiden Ausfahrten wahnsinnig gelitten und sich allein schon damit unseren größten Respekt verdient hat, strahlt nun und findet es unfassbar, daß sie hier so entspannt mit uns sitzt. Thor fragt, wie wir uns den nächsten Tauchgang wünschen. Am Spot „Castle“ wollen wir wieder im Haigetümmel tauchen. Ob wir diesmal auf die Grundberührung gleich ganz verzichten wollen. Na klar. Ist eh nur kalt.

Gleich als wir ankommen, beginnt Cameron die Haie mit Fischresten anzulocken. Ziemlich schnell sind etwa 10 respektable Haie vor Ort. Wie, und jetzt sollen wir da hinein ? Einfach hineinspringen ? Mitten in das Haigewimmel ? Ungläubig aber folgsam legen wir die Ausrüstung an.

Dann gibt es einen kurzen Laut der Hilflosigkeit. J. ist vollständig mit seinem Equipment bestückt, jedoch noch ohne Flossen, rückwärts über die Bordwand ab- und ins Wasser gerutscht. Obwohl wir uns darüber sofort scheckig lachen, ist weder uns noch ihm ganz wohl dabei, und so ziehen wir ihn mühsam, mit Bleigewichten und allem, was er schon am Körper hat, also rund 20 kg extra, erst einmal wieder im Stück zurück ins Boot.

Als wir dann, nur Minuten später,  auf Kommando gemeinsam das Gleiche noch einmal tun, beginnt das Herzklopfen. Es sind mehr Haie als beim letzten Mal, so daß wir uns zunächst ziemlich aneinander drängeln. Als wir uns ein wenig verteilt haben, beginnen wir wieder mit der Rundumsicht. Das Tarieren der Höhe fällt inzwischen eindeutig leichter und letztendlich sehen die Schwarzspitzenriffhaie nur auf den ersten Blick aus wie böse Haie. Ihre Mäuler sind deutlich kleiner und die Zähne schauen auch nicht so häßlich heraus.

Da ich ohne Kamera unterwegs bin und sich meine Hände langweilen, berühre ich keck einen nah vorbei schwimmenden Burschen an der Schwanzflosse. Auch er zuckt erschreckt vorwärts. Ha ! Schon die zweite Haiberührung !

Keine Minute später erliege ich wieder dem Reiz der Gelegenheit. Und so geht es weiter. Irgendwann beim 10-ten Touch höre ich dann auf zu zählen.

Herzklopfen bekomme ich inzwischen nicht mehr. Das ganze Adrenalin ist offensichtlich verbraucht.


4.Tag

Der Wind ist schwächer geworden und kommt mehr aus Süden. Weiter draussen liegt das Wasser ohne Schaumkämme, zwar immer noch von wandernden Wellenbergen durchzogen, teilweise jedoch schon ohne die feinen Kräuselungen an der Oberfläche. Gut gedopt mit dem von R. empfohlenen Stugeron können auch Trini und G. den ganzen Tag über lächeln. Der erste Tauchgang führt uns wieder zu „Kathedral“, was uns natürlich enttäuscht, vor allem, weil hier heute noch weniger Sandtigerhaie herumschwimmen.

Der zweite Tauchgang bringt etwas Neues. Thor und Cam haben 2 durchlöcherte, blaue Kunststofftonnen ins Wasser geworfen. Diese hängen 6 und 9 Meter unter einer Boje und sind mit einer Edelstahlkette miteinander verbunden. Die obere hat eine Öffnung an der Seite, aus der Thor später unter Wasser, gelegentlich einige Fischreste hervorzieht und schnell beiseite schwimmt. Die Spur, die diese Fische im Wasser hinterlassen, verstärkt durch extra hinzugefügtes Fischöl, hat innerhalb kürzester Zeit eine stattliche Anzahl Schwarzspitzenhaie angelockt. Da sie sich aufgeregt bewegen, können wir ihre Zahl nur sehr grob auf mehr als 20 schätzen. Mittendrin treiben wir. Angewiesen uns möglichst senkrecht zu halten, um nicht als Fisch durchzugehen, dicht beieinander zu bleiben und eine gemeinsame Höhe zu halten. Thor hofft auf Tigerhaie, die recht scheu sind und sich zwischen mehreren, weiter verteilten Fremdsubjekten nicht wohl fühlen.

Genaugenommen bekommen wir das nicht richtig hin, wohl auch, weil er es nicht dringlich genug formuliert hat und fast eine Stunde unter Wasser doch gewisse Längen hat. Mehrmals gibt er uns Zeichen um uns zu erinnern, was er geplant hat, aber irgendwie sind wir von dieser Menge so großer und gefährlich erscheinender Fische doch auch schon zufriedengestellt.

Es dauert auch nicht lange, bis auch diese Situation den „Normal“-Stempel bekommt. Wir fotografieren und Filmen um die Wette. Sonst glaubt uns das keiner. Immer schwimmt mal einer direkt an die Tonnen heran, wo das Getümmel am Größten ist. Ich habe M. vorübergehend seine Kamera abgeschwatzt, eine Nikkon, die allerdings nur bis 9m zugelassen ist. Zwischenzeitlich sacke ich einmal durch und am Ende stehen 15m auf der Uhr.

Die Kondensflecken auf dem Display sind kein gutes Zeichen....

Wir sind einhellig begeistert von R.s Canon D-30, die bis 30m zugelassen ist und problemlos ihren Dienst tut. Die Bilder von den ersten Tauchgängen, insbesondere die Nahaufnahmen überzeugen absolut.

Kein einziges Mal kommt die Sonne heraus. Als wir zurückfahren, sind wir ziemlich durchgefroren. .

Nach dem obligatorischen Burger-Essen und dem Mittagsschläfchen, lassen wir uns 15:30 nach Durban fahren. Wir werden am „Marine-Center“ angesetzt und sollen 20:00 wieder abgeholt werden.

Es handelt sich um ein Areal, auf dem verschiedene Attraktionen aufgebaut wurden, die einzeln zu besuchen und zu bezahlen sind. Dazwischen gibt es kleine Shopping-Malls und das eine oder andere Restaurant.

Ein ziemlich echt aussehendes, auf dem Land stehendes, genietetes Schiff erweckt unsere Aufmerksamkeit. Die großen Nieten, der rechteckige Konstruktionsstil  und vor allem große, herablaufende Rostflecken erwecken den Eindruck, daß es richtig alt ist. Tatsächlich befindet sich seinem Bauch das Meerwasseraquarium. Nun, herum schwimmende Haie haben wir heute schon besser gesehen.

Erst bei Berührung stellen wir fest, daß es sich bei den meisten Bauelementen gar nicht um Metall, sondern um liebevoll hergerichteten Kunststoff handelt.

In dieser Umgebung und bei dem  trübe-nassen Wetter sieht das Essen allerdings nicht sehr lecker aus, so daß wir diesen, so überzeugend auf „Alt&Keimig“ gemachten Ort sofort verlassen. Eine Seebrücke verbindet zwei „Moyo“-Restaurants miteinander. Im ca.100m weit auf Betonpfählen im Wasser stehenden Teil trinken wir neben einer kleinen, hautfarblich gemischten Hochzeitsgesellschafft jeder ein Bier. Mit tiefem Mitgefühl sehen wir zu, wie ein Fotograf und seine Assistentin versuchen Hochzeitsfotos vor dem diffus-grauen, Sprühregen produzierenden Himmel zu machen. Bei Sonnenschein wäre dies hier weit und breit sicherlich der optimalste Platz dafür.


5.Tag

Es gibt wenig Neues zu berichten. Wir tauchen im Haigetümmel an den blauen Tonnen. Thor versucht uns dichter beieinander zu halten, da er hofft, so einen Tigerhai anlocken zu können. Diese gelten zwar als gefährlicher aber auch als ängstlicher - eine eigenartige Mischung.

Der Tag begann für mich mit einer kleinen Überraschung: Thor bat mich darum, meine gelben Cressi-Flossen nicht mehr zu verwenden, da sich die Haie dafür etwas mehr interessieren, als ihm lieb ist. Statt dessen bekomme ich blaue von der Basis.

Eben habe ich mir unsere Unterwasser-Video-Schnipsel angesehen. Tatsächlich schnuppert  da einer unserer Schwarzspitzeriffhaie mal kurz an meinen Füssen. Nix mitbekommen...


6.Tag

Das Wasser liegt richtig ruhig. Trotzdem ist es trüber geworden. Da auch die Sonne nicht scheint, es ist ständig bedeckt, sehen die Fotos nun recht armselig und düster aus. Außerdem frieren wir deutlich mehr, was aber auch daran liegt, dass das Adrenalin kaum noch in den Adern pulst.

Jeder hat unzählige Male die Haie berührt, so daß es auch nicht schwerfiel damit aufzuhören, als es Thor zuviel wurde und er darum bat es zu unterlassen. Den Tigerhai bekamen wir nicht vor die Augen. Irgendwie ist es auch nicht einfach 7 Taucher eine Stunde lang dicht beieinander zu halten. Zumindest blieben wir konsequent oberhalb von 10m, da wir am nächsten Tag abfliegen wollen und extra keinen Tag Entsättigungspause eingeplant haben.

Abends entwickelt das Team, bestehend aus den Besitzern der Basis, Käptn. Cameron und Thor ihr Können am Grill und wir sitzen mit prallen Bäuchen bis spät in die Nacht hinein und unterhalten uns über das Tauchen, das Land und seine Leute. Auch hier gibt es mehrere Parallelgesellschaften, die sich eher skeptisch gegenüberstehen und vor allem durch räumliche und gesellschaftliche Trennung Konflikte vermeiden. Die altuelle politische Kaste bekommt reichlich Kritik, da sie systematisch alle Positionen in Politik und Behörden durch Schwarze, vornehmlich Familien- (Clan-) mitglieder ersetzt. Nix mit Gleichberechtigung der Rassen. Der damit erhergehende Kompetenzmangel zeigte sich peinlich bei der Trauerzeremonie für Nelson Mandela, als sich der über Familienbeziehungen an das Amt gekommene Gebärdenübersetzer blamierte und von den internationalen Medien als Hochstapler geoutet wurde. Runde Augen machen sie, als wir erzählen, daß dies das 18. Jahr in Folge ist, in dem wir uns in fast unveränderter Besetzung zu einer Tauchwoche in internationalen Gewässern treffen.


7.Tag

Abreise

Nach dem Frühstücken konzentrieren wir uns auf das Packen der Sachen. Dann sind die Zimmer frei, und wir sitzen unten auf einem Riesenhaufen Gepäck. Nach dem Begleichen der nachmittäglichen Burger- und abendlichen Bier-Rechnungen haben wir noch einige Stunden totzuschlagen. Deshalb machen wir uns auf eine Strandwanderung zu einem ein Stück weit entfernten Restaurant. Der Wind hat seit  gestern ganz erheblich zugenommen. Die Gischt verursacht geradezu Nebelschwaden. Nur zögerlich benutzen wir unsere Fotoapparate, da sich sofort mikroskopisch kleine Salztröpfchen auf den Linsen bilden.

Nachdem wir jeder ein Bier getrunken und widerum über das Reiseziel des nächsten Jahres debattiert haben, geht es zurück.

Wind und Wellen haben inzwischen noch deutlich zugelegt. Jetzt wird es zur Gewissheit: Wir haben mal wieder richtig Glückgehabt, denn diese tosenden Wellen überschreiten das Maß vom ersten Tauchtag bei weitem.


Euer BZR  


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Wer nicht reist, wird nicht den Wert der Menschen schätzen lernen.    

                                                                                                                                                             aus Mauretanien

      N  U  N  Q  U  A  M     R  E  T  R  O  R  S  U  M  !